CeBIT Karten oder "Prior tempore potior iure"

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Sat Feb 27 23:39:00 CET 2010


> Da gilt wohl die Malerregel.

? Eine alte Tischler- und Malerregel sagt: “gut geschliffen ist halb  
poliert”.
Ähm... hust... ? Meintest Du das wirklich? Oder die Müllerregel?


Bei der noch heute allg. geläufigen Wndg. handelt es sich primär um ein  
Rechtssprw. Der früheste Beleg findet sich in Eike von Repkows  
"Sachsenspiegel" (um 1230): "Die ok irst to der molen kumt, die sal erst  
malen" (II, 59). Ähnl. im "Schwabenspiegel" (ca. 1275): "Der ouch e zer  
müli kumt, der sol auch e malen". In lat. Form begegnet das Sprw. schon in  
einer Münchener Handschrift des ausgehenden 12. Jh., in den sog. Sprüchen  
aus Scheftlarn: "Qui capit ante molam, merito molit ante farinam". In  
diesen Frühbelegen besteht eine deutliche Verbindung zwischen Mühle und  
mahlen, während die Mühle ja in unserem heutigen Spw. nicht erwähnt wird.  
Damit scheint sich die Vermutung von Petsch und Künßberg zu bestätigen,  
wonach das Sprw. auf die Kundenmühle des MA. zu beziehen ist, wie sie  
vielfach heute noch in ländlichen Bezirken üblich ist: Derjenige, der sein  
Getreide zuerst in der Mühle abliefert, hat den Anspruch, dass es auch  
zuerst gemahlen wird (im Gegensatz zu der Bevorzugung des Herren bei einer  
Herrenmühle un der Zwangsgäste bei einer Bannmühle). Ähnl. äußerst sich S.  
B. Ek, der das in Europa weitverbreitete Sprw. nach Alter u. Funktion  
untersuchte. Es handelt sich hier also um eine förmliche Rechtsregel, die  
wahrscheinl. schon als sächs. Sprw. bestand, als der Sachenspiegel  
aufgezeichnet wurde. In einem ähnl. Sinn benutzen wir das Sprw. heute  
noch, wenn auch ohne Bezug auf die Mühle in allg. und übertr. Weise. Vom  
Spezialfall der Mühle erweiterte sich der Sinn des Sprw. auf andere  
Rechtslagen, bei denen der Zeitvorrang maßgebend ist, entspr. dem lat.  
"Prior tempore potior iure". Die versuchten Deutungen auf ahd. "mahalen" =  
feierlich reden, greifen daneben, wenn sich auch eine solche Deutung schon  
bei Luther zu finden scheint (Thiele, S. 161; Wander II, 1472, 166: "wer  
ehe kompt, der melet ehe"). Den gleichen rechtlichen Grundgedanken finden  
wir in ähnl. Form noch zweimal im "Sachsenspiegel" wieder. "Svelk wagen  
erst up die bruegen kumt, die sal erst overgan, he sie idel oder geladen"  
(II, 59) und "Svelkes ordeles man irst bedet, dat sal man irst vinden" (I,  
62). Weider ein anderes Bild fpr den Grundsatz des Zeitvorranges bei  
Egenolf (Bl. 217): "der erster zum herd kompt, setzet sein häflin wohin er  
will". Im Volkslied ist mahlen als Umschreibung vpr koitieren gebräuchl,.  
z.B. bei Liedern von der Müllerin.

aus: Lutz Röhrich: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten Band 3
Verlag Herder, 1994


Liebe Grüße,
Martin

PS: Bin schon mit einer Karte versorgt! ;-)



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