Protokoll des Treffens von 4. 5. 2006

Ulrich Rieke ulrich.rieke at onlinehome.de
Fr Mai 5 19:16:59 CEST 2006


Hallo Tuxe ,
	im Folgenden kurz das Wichtigste zu unserem Lugravtreffen
	am 4. 5. um 19 Uhr bei Gerhard . Schon vorab möchte ich
	die Fachleute auf dem Gebiet des Musikmachens mit dem
	Rechner um Verständnis bitten, wenn Einzelheiten nicht so
	wiedergegeben werden wie von einem Experten...

	1)Treffpunkt waren die Räume bei Gerhard, über deren
	Nutzung durch die Lugrav wir vor einigen Monaten
	diskutiert hatten. Die Räumlichkeiten haben sich
	"gemausert" : angestrichen, mit Rechner, Plattenspieler,
	Boxen, neuem großem Tisch und projektionsgeeigneter Wand
	laden sie ein zu kleineren Workshops. Gerhard ist es auch
	gelungen, unseren "Selbstbaubeamer" dazu zu bringen, die
	Ränder zu verkleinern und somit einen größeren Teil des
	Bildschirms zu projizieren. Dies gelang durch Annäherung
	der Linse an die Glasplatte. Der Luftfluss zur Kühlung
	musste dazu etwas anders geführt werden, zu
	Überhitzungsproblemen ist es bisher aber nicht gekommen.
	Der Schalter ist jetzt zwar nicht mehr erreichbar, man
	muss das Gerät jetzt über den Stecker ein-und
	ausschalten. Schrift und Farben waren gut zu erkennen,
	die Helligkeitsunterschiede in der Projektionsfläche
	tolerabel gering. Sicher ein gutes Ergebnis!
	
	2)Im Folgenden stellte Gerhard verschiedene Programme zum
	Musikmachen unter Linux vor. Er verwendet, wie in einem
	früheren Vortrag von ihm bereits einmal gezeigt,
	Rosegarden als MIDI-Sequencer und zusätzlich als
	Noteneditor. Dabei ist sowohl eine Darstellung als Note
	wie als Matrix möglich. Als Soundserver wird Jack
	eingesetzt. Letztendlich werden Signale von der
	Soundkarte an weiterverarbeitende Programme geschickt und
	dabei in einem Puffer zwischengespeichert. Dabei muss ein
	passendes Verhältnis zwischen der Datenflussrate und der
	Puffergröße gefunden werden, die sich letztendlich in der
	Latenz widerspiegelt. Bei kleinerem Puffer ist auch die
	Latenzzeit kleiner. Über den Puffer erfolgt schließlich
	wieder der Rückfluss an die Soundkarte als
	Wiedergabemedium. 
	Gerhard wies darauf hin, dass jack konzeptionell
	wahrscheinlich bald arts ablösen wird. 
	
	Ein weiteres Werkzeug, das Gerhard gerne einsetzt, ist
	als "Schlagzeugmaschine" hydrogen. Das Programm besitzt
	einen eigenen Synthesizer sowie eine auf Qt basierende
	graphische Oberfläche. Mit ihr lässt sich ein "Drumkit"
	auswählen, mit dem dann unterschiedliche Klangeffekte
	erzeugt werden können. Die generierten Sequenzen sind als
	Midifile exportierbar und können auch auf der Festplatte
	gespeichert werden. In Grenzen ist auch die
	Anschlagsdynamik änderbar. Dabei wurde auf kleine
	Schlagzeuge hingewiesen, aus deren Einzelelementen
	jeweils einzelne Spuren aufgezeichnet und mit dem vi(!!)
	editiert werden können.
	
	ALSA kann bei der Arbeit mit jack verbunden werden,
	graphisch lassen sich anschaulich Kanalverbindungen
	zwischen Ein-und Ausgabegeräten herstellen und so
	verschiedene Soundeffekte durch Lösen und Umleitungen von
	Verbindungen erzielen. So entwickelt sich über Kopplungen
	eine Eigendynamik. 
	
	Ein weiteres Tool, das zum Einsatz kommen kann, ist
	Ardour. Dabei handelt es sich um eine Audio-Workstation,
	mit der Audiosequenzen bearbeitet, verändert und auch auf
	Festplatte aufgezeichnet werden können. Gerhard setzt es
	im Zusammenspiel mit jamin ein, einem Audio Mastering
	Tool, mit dem Masters wohl auch aus Quellen mit mehreren
	Spuren generiert werden können. Jamin besitzt einen
	"30band Equaliser" , mit dem Tool können auch Spektren
	analysiert werden. Es lassen sich Frequenzbänder zeichnen
	und bestimmte Frequenzspitzen abschneiden. Kurt , den wir
	nach langer Pause wieder einmal bei uns begrüßen konnten,
	wies darauf hin, dass im Rundfunk die digitale
	Nachbearbeitung von Tönen zur Manipulation der
	Widergabedynamik durchaus nicht unüblich sei mit dem
	Ziel, bestimmte Radiostationen akustisch als vermeintlich
	"gut erreichbar" darzustellen.
	
	Gerhard stellte weiter Solfege vor, ein graphisches
	Werkzeug , mit dem es möglich ist, sein Gehör zu
	trainieren. Vorgestellt wurden mehrere Intervalle, die
	von den "Musikprofis" richtig bestimmt werden konnten.
	Die harmonischen oder melodischen Intervalle oder
	Rhythmen können entsprechend ausgewählt werden. 
	
	Faszinierend sind auch die Möglichkeit von audacity,
	einem Tonspureditor, mit dem es möglich ist, Tonspuren
	sichtbar zu machen, mit anderer Geschwindigkeit
	abzuspielen und mit fast unbeschränkten Möglichkeiten zu
	editieren. Gerhard steuerte die Soundkarte seines
	Rechners über einen Verstärker mit seinem Plattenspieler
	an und stellte so die visualisierte Tonspur eines Liedes
	des brasilianischen Liedermachers( und heutigen
	Kulturministers des Landes ) Gilberto Gil dar. Durch die
	Möglichkeiten von Audacity kann die Spur bis auf die
	Einzelsampleebene vergrößert und bearbeitet werden. So ist es
	natürlich letztendlich möglich, "Knackser" in einer alten
	Schallplatte durch Nachbearbeitung am Rechner zu
	beseitigen. Auch kann man Frequenzgänge bearbeiten oder
	in einer Aufzeichnung Schriftzüge einfügen, um so
	beispielsweise unter einer Tonspur einen Liednamen oder
	Ähnliches festzuhalten. Spuranteile können markiert und
	so für eine weitere Bearbeitung hervorgehoben werden. Bei
	der Zusammenarbeit von jack und audacity kommt es nach
	Gerhards Angaben immer wieder zu Problemen. 

	3)Unter dem Eindruck der großen Möglichkeiten der freien
	Tools unter Linux stellt sich die Frage nach der
	geeigneten Soundkarte. Gerhard arbeitet mit Soundblaster
	Live , die Auswahl geht heute bis zu Soundkarten, die
	einen Onboard-Digitalisierer besitzen und damit die CPU
	bei der Umwandlung hereinkommender Töne vollkommen
	entlasten . Solche Karten liegen in einem Preisbereich
	von 400 Euro. Kurt wies darauf hin, dass natürlich die
	Lautsprecher ein weiteres Nadelöhr sind und hier der
	Preis nachdrücklich durch die untere Grenze des
	darstellbaren Frequenzbereiches bestimmt werde. So könne
	man sagen, dass bei niedrigen Frequenzen eine Reduktion
	des Spektrums um 5 Hz nach unten eine Preissteigerung um
	etwa 200 Euro bedeute. 
	Aus dem Kreis wurde darauf hingewiesen, dass die
	technischen Möglichkeiten, elektronisch Geräusche exakt
	zu fokussieren, bereits weit fortgeschritten sind. So sei
	es heute möglich, in einem großen internationalen
	Auditorium eine individualisierte, "punktgenaue"
	Beschallung etwa für Zwecke der Simultanübersetzung
	anzubieten oder auch Personen individuell schallmäßig zu
	verfolgen. Leider kann man Schallfokussierungen im
	Infraschallbereich auch zur Folter von Menschen
	einsetzen, indem man - eben nicht hörbar - in die Nähe
	der Resonanzfreqeunzen innerer Organe geht. 

	Gerhard wies ferner auf LilyPond hin, mit dem es möglich
	ist , Musiknoten zu setzen. Das Programm lässt sich
	hervorragend in LaTeX integrieren .

	Kurt machte darauf aufmerksam , dass es bei Noten immer auch
	Rechteprobleme zu beachten gibt und dass es in jüngster
	Vergangenheit ( erfolgreiche ) Bemühungen der
	österreichischen Fraktion von Creative Commons gegeben
	habe, Mozartnoten freier verfügbar zu machen. 

	Abschließend wies Gerhard noch darauf hin, dass manches
	Audioprogramm nur mit root-Rechten zu bedienen sei. Er
	selbst arbeitet mit der Debian Musik Distribution Demudi,
	die auch als Live-CD verfügbar sein. In vielen Jahren hat
	er vorher u. a. auf dem Mac Erfahrungen mit
	Musikprogrammierung gemacht und beschäftigt sich seit
	etwa 2 Jahren jetzt mit den Möglichkeiten, die unter
	Linux in diesem Bereich bestehen. 
	Wir können alle Gerhard für diesen hervorragenden Vortrag
	und Einblick in die Soundbearbeitungsmöglichkeiten von
	Linux nur danken! Ferner danke für seine "Nacharbeiten"
	am Selbstbaubeamer, der diesen Vortrag hervorragend
	mitgemacht hat!

	Abschließend einigten sich alle schnell darauf , dass wir
	uns in 14 Tagen, wenn eben möglich, wieder in der Schule
	am Möllerstift treffen wollen.

	Ich hoffe, ich habe nichts Wesentliches übersehen, und
	bitte wie immer um ( höchstwahrscheinlich notwendige )
	Korrekturen und Kommentare.

Macht's gut, bis bald
Ulrich