Lugrav probierte Live-Streaming aus
Peter Voigt
peter.voigt1 at gmx.net
Fr Jan 23 14:44:50 CET 2009
Hallo,
das Thema Streamen hat gestern abend 14 Personen zur Lugrav gelockt.
Drei sonderten sich gleich ab, um am Netzwerk zu schrauben, der Rest blieb
zusammen.
Mittels zweier Ubuntu-Laptops mit eingebauter bzw. externer USB-Kamera konnte
recht einfach eine Verbindung zu justin.tv aufgebaut werden.
Interessanterweise funktionierte ein Netbook (eeepc/10 Zoll) mit eingebauter Kamera
auf Anhieb.
Es gab lediglich kleinere Nickligkeiten zu beachten, die von justin.tv her-
rührten, aber schnell in den Griff zu bekommen waren.
Anfänglich irritierte, dass die Bilder spiegelverkehrt wirkten. Beim Nachvollziehen
des Aufnahme-/Abrufvorganges stellte sich jedoch heraus, dass dieser Effekt täuschte.
Schnelle Bewegungen wurden verwischt wiedergegeben, wobei der Effekt mit
Nähe zur Kamera zuzunehmen schien (mein subjektiver Eindruck).
Das Streamen an einem und das Kontrollieren des Streams am zweiten Laptop
führte bei lauten Stimmen zu Echo-Effekten, weil das aufnehmende Gerät die
Töne des abrufenden Gerätes erneut aufnahm.
Dabei wirkte sich der Zeitversatz zwischen Aufnahme und Abrufbarkeit von
rund 5 Sekunden aus.
Der Zeitversatz verhindert ein Agieren vor der Kamera mit Rückmeldung
durch ein abrufendes Gerät. Man bleibt auf die Anzeige des aufnehmenden
Gerätes angewiesen, will man den Zeitversatz vermeiden.
Das Hochstellen der Upload-Rate auf bis zu 800 KBit behob das Ruckeln, welches
unter 400 KBit fast unerträglich blieb.
Dank des vor Ort vorhandenen DSL-Anschlusses von 16 (24?) MBit war das Hoch-
setzen der Uploadrate auf solche Werte möglich.
Für Schnappschüsse oder spontanes Aufnehmen kurzfristiger Ereignisse eignet
sich diese technische Lösung nicht. Es dauert nämlich, bis die Verbindung
zu justin.tv steht. Das gilt sowohl für das Aufrufen der Webseite, das
Einrichten der Parameter, das Starten des Streams, als auch für das Abrufen
eines Streams, um ihn am Gerät anzuzeigen.
Gesichter von Personen waren gut zu erkennen, egal ob sie direkt vor oder in
mehreren Metern Entfernung vor der Kamera standen.
Die Gesichter sahen aber unattraktiv aus. Das lag an den dunklen Augenhöhlen
(Zimmerbeleuchtung von oben), den unnatürlichen Farben und an dem Höhenversatz.
Liegt die Kammera bzw. der Laptop auf dem Tisch, steht der abgebildete Kopf
deutlich höher, so dass eine unnatürlich wirkende Blickrichtung zustande kommt.
Die von uns ausprobierten Kameras hatten offenbar Normalobjektive. Mehrere
Personen konnten gleichzeitig aufgenommen werden, sofern sie eng nebenein-
ander und in einer gewissen Entfernung zur Kamera standen. Eine Kamera mit Weit-
winkel-Objektiv wäre für Aufnahmesituationen, wie sie bei der Lugrav auftreten,
wohl die bessere Wahl.
Insgesamt wirken die Bilder zu dunkel. Von der strahlenden Fernsehwelt, wie
sie jedermann gewohnt ist, kann keine Rede sein. Optisch attraktiv fiel das End-
ergebnis nicht aus. Fernsehen machen von Zuhause ist etwas anderes.
Störend ist auch, dass die einfachen Kameras keinen gestalterischen Einfluss
zulassen, beispielsweise zwischen Nah- und Fernsicht, Detail und Totale etc.
zu springen. Das ewig gleiche Aufnahmebild wirkt statisch.
Die Kamera zu bewegen, bringt nicht wenig Abwechselung. Ein USB-Kabel gibt
wenig Spielraum, ein Laptop ist schwer zu handhaben. Kameraschwenks, wie man
sie gewohnt ist, sind so kaum möglich. Ohne Stative kommt man in solchen
Situationen nicht aus.
Nicht ausprobiert wurde, ob die Qualität ausreicht, eine per Beamer beleuchtete
Leinwand mit Schrift so zu streamen, dass sie lesbar ist.
Ob die erzielbare optische Qualität ausreicht, einen Vortrag auf voller Länge zu
streamen, bliebe daher auszuprobieren. Fraglich ist, ob die bauartbedingte Qualität
der Kameras mit der Zeit ermüdend wirkt und den Wert eines Vortrages mindert.
Bei der Stimme stehen ähnliche Fragen im Raum.
Sollte der Referent mit lauter Stimme sprechen, ohne durch andere fremde
Geräusche beeinträchtigt zu werden, wird er verständlich bleiben. Aber viel
mehr als Verständlichkeit sollte man nicht erwarten. Es fällt teilweise schon
schwer, die Stimmen einzelner Personen wiederzuerkennen.
Sprechen mehere Personen gleichzeitig, entsteht schnell ein Geräuschvorhang,
der es schwer macht, einzelne Stimmen heraus zu hören. Dadurch verliert der Zu-
schauer schnell den Faden, weil er das, was das Streamen eigentlich aus-
macht, nämlich das Teilhaben an der spontanen sozialen Interaktion der Akteure,
nicht mitbekommt. Das gilt umso mehr, als Zurufe (aus Sicht des Mikrofones)
von der Seite oder von hinten kommen..
Wird mit normal lauter Stimme gesprochen, muss der Referent in der Nähe der
Kamera bzw. des Laptops stehen und in Richtung des Mikrofons sprechen, um
gut verständlich zu bleiben.
Steht der Referent seitlich neben oder hinter dem Mikrofon der Kamera bzw.
des Laptops, reduziert sich seine Verständlichkeit ebenfalls deutlich.
Mit anderen Worten: Standort des Referenten und Standort des Mikrofones
müssen genau aufeinander abgestimmt sein. Damit wird aber gleichzeitig
festgelegt, was die Kamera aufnimmt. Das engt den Spielraum beim Auf-
nehmen künstlich ein.
Ergebnis:
Wenn ein zukünftiger Referent es wünscht, so die vorläufige Absprache in
der Lugrav, soll das Streamen eines kompletten Vortrages ausprobiert werden.
Dann wird man sehen (und hören).
pv