Verschluesselung Was: [OT] MIR REICHTS!
RA Voigt
voigt-anwalt at t-online.de
Mi Sep 6 11:16:44 CEST 2006
Am 06.09.2006 um 08:36 schrieb Florian Lohoff:
> Zum Nachdenken: Beugehaft
>
> Als laie kann ich mir vorstellen das §95 Abs. 1 StPO ausreicht bzw
> Abs. 2
> davon ueberzeugt:
>
> (1) Wer einen Gegenstand der vorbezeichneten Art in seinem Gewahrsam
> hat, ist verpflichtet, ihn auf Erfordern vorzulegen und auszuliefern.
>
> (2) Im Falle der Weigerung können gegen ihn die in § 70 bestimmten
> Ordnungs- und Zwangsmittel festgesetzt werden. Das gilt nicht bei
> Personen, die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt sind.
<vereinfachte Darstellung>
Falls es Beweismittel gibt, die nicht durch Beschlagnahme z.B. bei
einer Durchsuchung gesichert werden können, kann zur Not Beugehaft
gegen den Besitzer verhängt werden.
Herauszugeben sind körperliche Gegenstände, beispielsweise
Datenträger, Schriftstücke etc.
Weitere Pflichten bestehen nicht. Eventuelle Passwörter, welche die
Datenträger schützen, müssen laut StPO nicht aufgedeckt werden.
Herauszugeben wären aber Schriftstücke oder Datenträger, auf denen
Passwörter gespeichert sind. Ob die Behörden im Einzelfall darauf
kommen, wo was gespeichert sein könnte, bleibt offen.
Häufig trifft den Betroffenen eine andere rechtliche Pflicht.
Mitarbeiter eines Unternehmens können z.B. von Vorgesetzten
angewiesen werden, den Verfolgungsorganen betrieblich genutzte
Passworte zu nennen. Weigert man sich hier, handelt man sich
arbeitsrechtliche Probleme ein.
Sofern man Dienste von Dritten in Anspruch nimmt, z.B. Webspace
anmietet, kann womöglich der Dritte die Aufdeckung von Passwörtern
verlangen. Manche Verträge enthalten gewisse Klauseln, die auf eine
Offenbarungspflicht hinaus laufen.
In solchen Fällen behelfen sich die Behörden anders. Ich darf an den
Fall aus Hamburg erinnern, in dem ein Web-Anonymisierer von sich aus
über Monate hinweg mit den Behörden kooperiert hat, ohne Kunden zu
benachrichtigen.
Und:
Wenn man ins Visier der Behörden geraten ist, empfiehlt es sich nicht
generell, auf Konfrontation zu gehen. Häufig bietet Kooperation die
Möglichkeit, den rechtlichen Schaden zu begrenzen. Das kommt auf den
Einzelfall an.
</vereinfachte Darstellung>
Fazit:
Verschlüsselung kann, richtig angewandt, die Privatsphäre schützen,
ohne in Gefahr zu geraten, sie den Behörden zugänglich machen zu müssen.
In der Praxis ist es häufig heute schon so, dass eine Verschlüsselung
im Ergebnis nicht viel bewirkt.
Übersehen wird, dass die neuen Befugnisse nur für schwere Straftaten
gelten sollen, mit denen die meisten Menschen nie in Berührung kommen
werden.
Eine Erlaubnis zur Rasterfahndung, d.h. das Abscannen aller
erreichbaren privaten Festplatten im Netz, ist nicht angedacht. Es
geht um Ermittlungen in Einzelfällen.
Eine andere Frage ist, ob man den Behörden glauben will, dass sie
ihre Maßnahmen auf solche Fälle beschränken werden.
pv