Konfigurierbarkeit => Blödsinn
Hans-Dietrich Kirmse
hd.kirmse at gmx.de
Fri Apr 4 22:23:02 CEST 2003
Hallo,
habe die E-Mail stark gekürzt, denn sie wird sicher eh zu lang.
Patrick Willam schrieb:
>
[...]
>
> Allerdings hatte ich -- aufgrund deiner Formulierung -- den Eindruck,
> du unterstellst den dir pädagogisch Anvertrauten, dass sie _per_se_
> nicht verantwortungsvoll mit Freiheiten umgehen können oder wollen.
nein. - ich gehe davon aus, das es _einzelne_ der mir anvertrauten
geben _könnte_, die nicht verantwortungsvoll mit Freiheiten umgehen
können oder wollen.
> So in der Lesart von "Freiheiten führen zum Blödsinn[-machen]".
Nein, das ist in keiner Weise so gemeint. Diese Freiheiten sind
nicht die Ursache für den Blödsinn, sondern sie ermöglichen (oder
verleiten) zum Blödsinn machen. Es sind nicht alle Schüler von
Haus aus Engel.
Ob solche "Einschränkungen der Freiheit" als solche von den Schülern
aufgefaßt werden, steht außerdem auf einen ganz anderen Blatt.
wenn man amerikanischen Schülern Waffen wegnimmt, dann muß dort ein
triftiger Grund vorliegen, bei uns sind die Schüler da eingeschränkt
und keiner meckert. Ich bilde mir sogar ein, viele Schüler würden sich
nicht wohl fühlen, wenn diese Einschränkung in ihrer Freiheit nicht
existieren würde (siehe Erfurt - meine Landeshauptstadt vor einem
Jahr. Auch in meiner Schule wurde 1998 eine Schülerin erstochen, alle
Fernsehsender haben davon berichtet, ...) also Einschränkung: sogar
Messer sind verboten. Keiner nimmt an Einschränkungen Anstoß, sie
müssen aber nachvollziehbar sein und sie müssen auch durchgesetzt
werden können.
> Anscheinend hatte ich in meinem Leben bisher das Glück, mit über-
> durchschnittlich verständigen und verantwortungsbewußten Menschen
> zu tun zu haben,
Diese Formulierung finde ich sehr gut, es ist m.E. sogar als richtig
"weise gesprochen" zu bezeichnen.
ich habe seit 1995 an unserer Schule auch keinen Fall von
E-Mail-Terror gegen einen Schüler unserer Schule mehr erlebt bzw.
mitbekommen. Nur ich bin ganz ehrlich, ich wüßte gar nicht, wie ich
das mitbekommen sollte. D.h. anscheinend ist es demnach so,
genaueres weiß ich nicht.
Wenn man aber den Stern ließt, wo glaubhaft von häufigen Terror
per Handy (SMS) berichtet wurde, dann leuchtet mir nicht ein, warum
die Schüler um E-Mail einen Bogen machen sollten.
Konkret nochmal zu "meiner" Schule. Wolfram Pienkoss aus Hermsdorf
hatte mir deshalb ein Tool zu sendmail programmiert, welches zu jeder
Mail vom Samba das korrekte Login (Anmeldezwang) ermittelte und eine
zusätzliche Headerzeile mit der korrekten Absendeadresse ergänzte.
Nach einer Belehrung/Information jedes Schülers der Schule konnten
wir als Schulnetzbetreuer eigentlich davon ausgehen, dass
Absenderfälschung der Boden entzogen worden ist.
wir haben keinen Schüler erlebt, der sich über solche Einschränkung
seiner Freiheit beschwert hat, im Gegenteil, es wurde uns mehrmals
deutlich gemacht, das viele Schüler unsere Maßnahmen achteten.
auch das wir nach Pornoseiten etc. stichprobenhaft kontrollieren,
darin sehen die Schüler keinen Argwohn, sie finden es eher nicht
korrekt, wenn Lehrer diese Möglichkeiten ignorieren. Wohlgemerkt,
die Schüler die sich korrekt verhalten. von Schülern, die was
auf dem Kerbholz haben und sich aufregen würden (es hat sich aber
keiner aufgeregt) muß ich ganz ehrlich sagen, deren Meinung ist mir
wirklich schnuppe.
> so daß es mir wohl schwer fällt, deine Position
ich denke, das hier eine falsche Einschätzung von mir vorliegt.
ich bin mit "Leib und Seele" Lehrer und das seit 1981. Ich habe mit
meinen Schülern keine Probleme derart, wie hier vielleicht vermutet.
Meine Schüler sind fast alle nett, haben zumindest das Ziel, gute
Ergebnisse zu erreichen. Aber deswegen sind noch lange nicht alle
als fleißig zu bezeichnen. Und bei Problemen suchen sich schon
öfters mal welche einen Weg, der doch sehr effektiv zu sein scheint.
das kann ich doch sogar nachvollziehen - nur ich kann es nicht
akzeptieren ;-) Hand aufs Herz, gibt es bei euch keinen Schüler
der mal einen Spickzettel für eine Leistungskontrolle verwendet.
Wenn die Schüler jetzt Handys haben oder gar noch ein Schulnetz,
warum sollen die nicht diese Möglichkeiten 'nutzen'. So dumm sind
unsere Schüler nicht, das die solche Möglichkeiten auslassen
würden - insbesondere wenn die Lehrer das partout nicht wahrhaben
wollen.
Ein Schüler der einen Spickzettel schreibt ist deswegen noch lange
kein Verbrecher. Wenn ich einen Schüler beim Spicken erwische, dann
nehmen die mir das doch nicht krumm, denn denen ist doch klar, das
ich das machen muß. Wenn sie mir etwas krumm nehmen würden, dann
doch sicher eine überzogenen Reaktion auf einen solchen "Vorfall".
Genauso sind (sinnvolle) Maßnahmen und Einschränkungen, die den
Schülern auch nahegebracht werden für die verständigen und
verantwortungsbewußten Schüler kein Problem, für die anderen schon
und das soll es auch sein. (deswegen sind die Maßnahmen ja da).
> (Erfahrung?) bzgl. des Verantwortungsbewußtseins Heranwachsender
> so ohne Weiteres und 1:1 nachzuvollziehen.
Es geht nicht um das Verantwortungsbewußtsein der Schüler.
Es geht um die rechtlichen Probleme für den Admin/Lehrer, wenn im
Einzelfall die Möglichkeiten des Schulnetzes mißbraucht werden.
Tragisch wird es für den Admin, wenn Schüler die Opfer sind.
> Von den anwesenden Pädagogen wünsche ich mir die Schilderung
> einiger konkreter Situationen/ Erlebnisse, damit deutlicher wird,
> was für Probleme/ Situationen durch entsprechende Anforderungen
> im Pflichtenheft zu vermeiden sind.
ich werde meine kleine Sammlung von Vorfällen ins Wiki stellen.
> Meine Überzeugung dazu ist, dass Selbstdisziplin erforderlich
> ist, damit Freiheit genutzt werden kann.
> Insofern ist es mein pädagogischer Standpunkt, dass mit der
> Zunahme der erlernten Selbstdisziplin auch die gewährten
> Freiheiten zunehmen sollten.
volle Zustimmung. Das bedeutet, wenn ich meine Klasse kenne
und ich weiß das die sich gut verhalten, dann kann und _sollte_
man die Zügel lockern können.
Andererseits bedeutet das, das eben gerade am Anfang die Zügel
straff gezogen werden müssen, denn sonst kann ich die dann nicht
mehr lockern. Anders ausgedrückt, ich brauche insbesondere am
Anfang die Möglichkeit, die Zügel straff ziehen zu können.
Und genau diese Möglichkeiten (einschließlich Kontrollen) ist,
was ich wünsche/einfordere.
/"\
Mit freundlichen Grüßen \ / ASCII ribbon campaign
Hans-Dietrich X against HTML mail
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PS: ich wünsche den Teilnehmern am Testwochenende viel Erfolg
und natürlich auch Spaß.
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