Konfigurierbarkeit! / Email-Terror?
Patrick Willam
p.willam at gmx.de
Mon Apr 7 00:29:02 CEST 2003
Hallo!
Hans-Dietrich Kirmse schrieb:
>
> Patrick Willam schrieb:
> >
> > Allerdings hatte ich -- aufgrund deiner Formulierung -- den Eindruck,
> > du unterstellst den dir pädagogisch Anvertrauten, dass sie _per_se_
> > nicht verantwortungsvoll mit Freiheiten umgehen können oder wollen.
>
> nein. - ich gehe davon aus, das es _einzelne_ der mir anvertrauten
> geben _könnte_, die nicht verantwortungsvoll mit Freiheiten umgehen
> können oder wollen.
Es hörte sich, wie gesagt, für mich nicht so an. Aber wenn es so gemeint
war: volle Zustimmung.
> > So in der Lesart von "Freiheiten führen zum Blödsinn[-machen]".
>
> Nein, das ist in keiner Weise so gemeint. Diese Freiheiten sind
> nicht die Ursache für den Blödsinn, sondern sie ermöglichen (oder
> verleiten) zum Blödsinn machen.
Nichts anderes hatte ich gemeint: führen=leiten[1] => ver-leiten
(wobei ich einräume, dass "ver-führen" deutlicher gewesen wäre ;-) )
[1] aus dem Lateinischen: "ducere" = führen, leiten
> Ob solche "Einschränkungen der Freiheit" als solche von den Schülern
> aufgefaßt werden, steht außerdem auf einen ganz anderen Blatt.
Genau, "anderes Blatt". Darum ging es mir auch nicht.
> wenn man amerikanischen Schülern Waffen wegnimmt, dann muß dort ein
> triftiger Grund vorliegen, bei uns sind die Schüler da eingeschränkt
> und keiner meckert. Ich bilde mir sogar ein, viele Schüler würden sich
> nicht wohl fühlen, wenn diese Einschränkung in ihrer Freiheit nicht
> existieren würde (siehe Erfurt - meine Landeshauptstadt vor einem
> Jahr. Auch in meiner Schule wurde 1998 eine Schülerin erstochen, alle
> Fernsehsender haben davon berichtet, ...) also Einschränkung: sogar
> Messer sind verboten. Keiner nimmt an Einschränkungen Anstoß, sie
> müssen aber nachvollziehbar sein und sie müssen auch durchgesetzt
> werden können.
1. a) Für Waffen braucht man in Deutschland einen Waffenschein;
in den USA ist der Besitz einer Waffe gösstenteils Bürgerrecht.
b) Dass also Bürger der USA und Bürger von Deutschland dieselbe
Einschränkung anders "empfinden" ist also nur natürlich.
c) Ich sehe keine spezifisch schülerbezogenen Aspekte in deinem
Argument.
2. Ich lese aus deiner Beschreibung, dass Messer erst _nach_ dem
Vorfall verboten wurden.
3. Aus deinen bisherigen Statements und der Aussage "...brauche
insbesondere am Anfang die Möglichkeit, die Zügel straff ziehen
zu können" lese ich, dass du vieles _von_vornherein_ verbieten
-- bzw. besser gesagt: sperren -- möchtest. (siehe Ende der Mail)
4. Es ging (+ geht) hier um Konfigurierbarkeit (vgl. Subject!).
Die Freiheit, die ich meinte, bezog sich zunächst einmal darauf.
5. Waffenbesitz und dergl. sind auch wichtige Themen (und bei deinen
Ausführungen dazu hast du meine volle Zustimmung).
Allerdings sehe ich nicht, was das mit der Verfügbarkeit von
Einstellungsmöglichkeiten für die Benutzer eines Schulservers zu
tun hat.
> > Anscheinend hatte ich in meinem Leben bisher das Glück, mit über-
> > durchschnittlich verständigen und verantwortungsbewußten Menschen
> > zu tun zu haben,
>
> Diese Formulierung finde ich sehr gut, es ist m.E. sogar als richtig
> "weise gesprochen" zu bezeichnen.
Danke; Lob tut immer gut ;-)
> ich habe seit 1995 an unserer Schule auch keinen Fall von
> E-Mail-Terror gegen einen Schüler unserer Schule mehr erlebt bzw.
> mitbekommen. Nur ich bin ganz ehrlich, ich wüßte gar nicht, wie ich
> das mitbekommen sollte. D.h. anscheinend ist es demnach so,
> genaueres weiß ich nicht.
Schule -- und so auch das Schulnetz -- ist zwar eine abgesicherte,
aber keine heile Welt. Das muss vermittelt werden (=> Aufklärung),
und zwar frühzeitig [damit meine ich _spätestens_ Mittelstufe].
In der Informationsgesellschaft (in der wir zwar noch nicht 100%ig
sind, aber auf die wir zusteuern --- warum sonst kämen Computer in
die Schule?) sind Datenschutz, Privatssphäre und Authentizität
zentrale Themen.
Es reicht m.E. nicht, diese ausschliesslich in Randfächer der Ober-
stufe (Informatik, Philosophie) unterzubringen bzw. abzudrängen, um
diese Themen dort dann auch wiederum nur "anzukratzen".
[Mir ist bewusst, dass die Lehrpläne leider nur _sehr_wenig_ Spielraum
lassen. Daran ändert wohl auch "ein genialer Schulserver" nichts :-( ]
Stichwort: Medienkompetenz
Es muss ebenso angeboten werden, bei solchen Problemen behilflich
zu sein. (Eigentlich nicht anders, als bei anderen Problemen der
SchülerInnen.) Dass Hilfe auch in Anspruch genommen wird, kann aber
eben nicht erzwungen werden.
> Wenn man aber den Stern ließt, wo glaubhaft von häufigen Terror
> per Handy (SMS) berichtet wurde, dann leuchtet mir nicht ein, warum
> die Schüler um E-Mail einen Bogen machen sollten.
SMS-Terror gegen/unter Schülern findet ggf. auch ausserhalb der Schul-
zeiten statt. Ja, bei Email gibt es auch diese Gefahren. Also deswegen
verbieten? (Ist eine rhethorische Frage, da die Verfügbarkeit eines
schulinternen Email-Dienstes ["zum Üben" etc.] ja bereits ausdrücklich
gewünscht worden ist.)
Und was unternehmt ihr denn bisher gegen bzw. bei SMS-Terror?
Handys sind in der Schule auch also verboten? Oder werden die bei
Stundenbeginn alle von dir eingesammelt?
_Nochmal_: Stichwort Medienkompetenz
Apropos Medienkompetenz: das ist nach meinem Verständnis _nicht_ die
Kompetenz, ein Medium (Papier, TV, Email, ...) nutzen zu können,
_sondern_ die Kompetenz die über das Medium übertragenen Inhalte
analysieren, bewerten und einordnen zu können.
Die Medien haben -- durch ihre "technischen" Eigenheiten bedingt --
verschiedene Wirkungen auf die Nutzer. Es ist m.E. unerlässlich, Nutzer
über diese Wirkungen aufzuklären. (vgl. "Rauchen verursacht Krebs")
Ausserdem erbt Technik den jeweiligen gesellschaftlichen Kontext
[Frei nach Weizenbaum]. Dieses Bewusstein halt ich für essentiell.
> Konkret nochmal zu "meiner" Schule. Wolfram Pienkoss aus Hermsdorf
> hatte mir deshalb ein Tool zu sendmail programmiert, welches zu jeder
> Mail vom Samba das korrekte Login (Anmeldezwang) ermittelte und eine
> zusätzliche Headerzeile mit der korrekten Absendeadresse ergänzte.
Ja, soetwas brauchen wir.
> wir haben keinen Schüler erlebt, der sich über solche Einschränkung
> seiner Freiheit beschwert hat, im Gegenteil, es wurde uns mehrmals
> deutlich gemacht, das viele Schüler unsere Maßnahmen achteten.
Dass man Absenderfälschungen unterbindet ist m.E. keine Einschränkung
der Benutzerfreiheit (zumindest im schulischen Rahmen), die ich meinte.
> auch das wir nach Pornoseiten etc. stichprobenhaft kontrollieren,
> darin sehen die Schüler keinen Argwohn, sie finden es eher nicht
> korrekt, wenn Lehrer diese Möglichkeiten ignorieren. Wohlgemerkt,
> die Schüler die sich korrekt verhalten. von Schülern, die was
> auf dem Kerbholz haben und sich aufregen würden (es hat sich aber
> keiner aufgeregt) muß ich ganz ehrlich sagen, deren Meinung ist mir
> wirklich schnuppe.
Lehrer habe aufgrund ihrer Aufsichtspflicht zu kontrollieren. Den
meisten ist dies klar. Bei den anderen ist es IMHO pädagogische
Aufabe, es ihnen zu vermitteln. Gerade die Integration bzw. Kooperation
von "Nicht-Angepassten" ist ein Aspekt, bei dem Schule einen [viel
zu] grossen Anteil leistet [bzw. leisten muss].
Zur Unterstützung sind natürlich technische Massnahmen für die
Kontrolle und Sperrung nötig ...über die unser Schulserver dann
auch verfügen muss.
> > so daß es mir wohl schwer fällt, deine Position
>
> ich denke, das hier eine falsche Einschätzung von mir vorliegt.
Es ging _nicht_ um eine Einschätzung von dir, _sondern_ um mein Ver-
ständnis [im Sinne von: Begreifen] der von dir vertretenen Position!
(Ich bin durchaus in der Lage, zwischen soetwas zu unterscheiden.)
> > (Erfahrung?) bzgl. des Verantwortungsbewußtseins Heranwachsender
> > so ohne Weiteres und 1:1 nachzuvollziehen.
>
> Es geht nicht um das Verantwortungsbewußtsein der Schüler.
[Nicht?]
> Es geht um die rechtlichen Probleme für den Admin/Lehrer, wenn im
> Einzelfall die Möglichkeiten des Schulnetzes mißbraucht werden.
> Tragisch wird es für den Admin, wenn Schüler die Opfer sind.
Mir geht es um Einstellbarkeit von z.B. Desktophintergrund, Bildschirm-
schoner und dergleichen (die zum Blödsinn verleiten [können]).
Email-Terror ist ein anderes Thema / Problem (s.o.).
> > Von den anwesenden Pädagogen wünsche ich mir die Schilderung
> > einiger konkreter Situationen/ Erlebnisse, damit deutlicher wird,
> > was für Probleme/ Situationen durch entsprechende Anforderungen
> > im Pflichtenheft zu vermeiden sind.
>
> ich werde meine kleine Sammlung von Vorfällen ins Wiki stellen.
Danke dir an dieser Stelle dafür.
> > Meine Überzeugung dazu ist, dass Selbstdisziplin erforderlich
> > ist, damit Freiheit genutzt werden kann.
> > Insofern ist es mein pädagogischer Standpunkt, dass mit der
> > Zunahme der erlernten Selbstdisziplin auch die gewährten
> > Freiheiten zunehmen sollten.
>
> volle Zustimmung. Das bedeutet, wenn ich meine Klasse kenne
> und ich weiß das die sich gut verhalten, dann kann und _sollte_
> man die Zügel lockern können.
> Andererseits bedeutet das, das eben gerade am Anfang die Zügel
> straff gezogen werden müssen, denn sonst kann ich die dann nicht
> mehr lockern. Anders ausgedrückt, ich brauche insbesondere am
> Anfang die Möglichkeit, die Zügel straff ziehen zu können.
Ebenfalls volle Zustimmung.
> Und genau diese Möglichkeiten (einschließlich Kontrollen) ist,
> was ich wünsche/einfordere.
Können wir uns darauf einigen, dass die Möglichkeit von User-eigenen
Einstellungen nicht von vornherein aus dem Lastenheft unseres Schul-
servers gestrichen wird?
Können wir uns weiterhin darauf einigen, dass die Verfügbarkeit
dieser Möglichkeit zunächst beschränkt (bzw. gesperrt) ist und
erst auf Wunsch (des Lehrers und/oder des Schülers) freigeschaltet
wird -- vorzugsweise in Abhängigkeit vom bisher erzielten Lernfort-
schritt bzgl. des Umganges mit dem System?
...Analog dazu, dass _z.B._ Mail erst ab der 8. Klasse verfügbar ist,
kann SchülerIn _z.B._ ab der 7. Klasse die Desktop-Schrift ändern und
ab der 9. Klasse die Zeichensatz-Kodierung.
Darüber, dass dann natürlich zu jeder Zeit die -- unkomplizierte,
aber doch selektive -- Rückstellung auf die Ausgangs-/Standardwerte
verfügbar sein muss, waren wir uns glaube ich schon im Klaren;
oder nicht?
> PS: ich wünsche den Teilnehmern am Testwochenende viel Erfolg
> und natürlich auch Spaß.
Danke, den hatten wir :-)
Beste Grüsse,
Patrick
--
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